Future of Leadership Podcast

Ist Deutschland sozialistischer als China?

In der 34. Episode des Future of Leadership Podcasts diskutieren Hans van Ess, Präsident der Max Weber Stiftung und Sebastian Morgner über das Erfolgsrezept des chinesischen Wirtschaftsaufschwungs, welche Rolle Europa dabei spielt und welche Aufgaben die Max Weber Stiftung verfolgt. Er erklärt kulturelle und politische Zusammenhänge des Sozialismus und Kapitalismus und offenbart Ähnlichkeiten Chinas mit Deutschland in Hinblick auf die Zukunft.

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Die Max Weber Stiftung (MWS) ist die größte geisteswissenschaftliche Forschungsorganisation und gehört zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die MWS fördert die Forschung mit Schwerpunkten auf den Gebieten der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. Mit ihren weltweit tätigen Instituten leistet die MWS einen wesentlichen Beitrag zur Verständigung und Vernetzung zwischen Deutschland und den Gastländern beziehungsweise -regionen. Die Stiftung fördert den Dialog der Fachkulturen und bringt wissenschaftliche wie nicht-wissenschaftliche Beschäftigte aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zusammen. 
Hans van Ess selbst ist Experte der Sinologie und erklärt in unserem Podcast die Entwicklung Chinas zu einer großen Handelsmacht. 

Wenn man das heutige China mit dem Entwicklungsstand vor 35 Jahren vergleicht, ist das Land kaum mehr wiederzuerkennen. Hans van Ess erinnert sich an die einfachen Lebensverhältnisse, die er noch als Student in Shanghai vorgefunden hat: Es gab weder Brücken zur Überquerung der Flüsse noch Hochhäuser, die heute als Symbol für Modernisierung gelten. Die rasante Veränderung und Weiterentwicklung verdankt China dem Einsatz einzelner Unternehmen und der Investitionen ausländischer Kapitalgeber. Die Chinesen hatten den investierenden Firmen zugesichert, dass das Land ein Milliardenmarkt sei und sich hier problemlos beträchtliche Gewinne realisieren ließen. Heute stellt China das Rückgrat der deutschen Industrie darMit der Kombination von Auslandskapital, das einige Innovationen in der Staatsindustrie auslöste, und de“Speckgürtel” chinesischer Unternehmen des Mittelstands konnte man das „Chinesische Wirtschaftswunder“ erreichen. 

In Sachen Innovationskraft sieht Hans van Ess keine Gefahr für die deutsche Maschinenbauindustrie, da diese in China nach wie vor sehr bewundert wirdIn der Computertechnologie allerdings seien die Chinesen sehr fortgeschritten, was sich beispielsweise an Huawei klar erkennen lässt.  
Deutschland profitiert von der engen Symbiose zwischen der deutschen und chinesischen Industrie, jedoch kann die Abhängigkeit vom chinesischen Markt für Deutschland gefährlich werdenDas Interesse an der dortigen Industrie ist noch vorhanden, dennoch stehen politische Interessen im Weg. Zudem ist die Position Deutschlands sehr unangenehm, da man zwischen einem Machtverhältnis der USA und China steht.  

Auf die Frage, wie China trotz des kommunistischen Regimes die meisten Milliardäre aufweisen kann, erklärt der Sinologe, dass die Chinesen auf dem Weg in eine kommunistische Gesellschaft eine kapitalistische Phase nach marxistischem Prinzip durchführenDas Ziel, immer mehr Bürger in den Mittelstand zu bringen, wird nach wie vor verfolgt und es wird nicht als schlimm erachtet, auch Milliardäre in der Bevölkerung zu haben. 1994 wurde dementsprechend der Begriff „sozialistische Marktwirtschaft“ in die chinesische Verfassung aufgenommen. Man ist der Ansicht, dass es dem Wohl des Volkes dient, so lange reich zu werden. In Bezug auf bestimmte Gesetzessituationen in Deutschland würden viele Chinesen diesen als den „besten Sozialismus“ in China betrachten und sehen Deutschland als teilweise sozialistischer als das eigene Land. 
Das umstrittene Sozialpunktesystem in China entspricht der Logik der Schufa. Mit diesem überprüft man die Kreditwürdigkeit eines MenschenDas Sozialpunktesystem gilt in China als Referenzrahmen, um beispielsweise Betrug vorzubeugen. Obwohl es eine staatliche Überwachung bedeutet, kommt das System bei der Bevölkerung sehr gut anAllerdings achtet die chinesische Regierung darauf, international keine Grenze zu Verbotenem zu übertreten. 

Hans van Ess prognostiziert für China weiterhin eine Zukunft als Handelsmacht, jedoch mit abflachendem Wachstum. Die Gefahr sieht er in der Demografie, die ein Rentenproblem hervorrufen wird, ähnlich wie in Deutschland. In China hat man viele Arbeitskräfte für den großen Wirtschaftsaufschwung gebraucht, die dann nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Für die kommunistische Partei in China kann es zu einem Problem werden, die Bevölkerung wirtschaftlich nicht mehr zufrieden stellen zu können. 

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